Jede Sekunde eine Ewigkeit

Am Tag von Milans Geburt, erwartete mich seine Familie um 7 Uhr morgens vor ihrer Haustür, um gemeinsam zur Klinik zu fahren. Seine Mutter und ich stiegen aus und sagten ein letztes Mal auf Wiedersehen. Zu zweit betraten wir die Klinik und begaben uns in Richtung Kreißsaal. Dort wurden wir sehr nett von einer Hebamme empfangen, welche seine Mutter bis nach der Geburt begleitete und unterstützte. Der Kreißsaal war wohlig warm und langsam wurde es draußen heller, die Stadt wachte auf, jedoch in der Kreißsaal-Station blieb es ruhig, bis auf das Geplapper von seiner Mutter und mir. Von der Ankunft um halb 8 bis zur Verlegung in den Operationsraum gegen halb 12 blieben uns 4 Stunden Vorbereitungs- und Wartezeit. Milans Herztöne wurden per CTG geprüft, so dass wir uns alle sicher sein konnten, dass er wohl auf war. Seine Mutter ist in der gesamten Zeit sehr gefasst geblieben, war es ja bereits ihre zweite Bauchgeburt und sie wusste, was auf sie zukommt. Wir haben über viele schöne Themen gesprochen, viel darüber, wie schön es ist, dass seine Schwester und er nun gemeinsam groß werden und sich als Geschwister liebhaben und stützen können.

Seine Mutter hat nochmal das Herzensband, welches Kind und Mutter in Gedanken verbindet, verstärkt und dadurch Kraft von ihrem Kraftort fließen lassen. Ich leitete sie durch eine Meditation, in der die beiden sich ganz nah waren und Ruhe und Kraft für die bevorstehende Operation der Bauchgeburt sammeln konnten.

Die Zeit bis zu Milans Geburt verging wie im Flug. Begleitet vom Licht der Sonne und den schönen Klängen der Geburtsplaylist waren seine Mutter und ich positiv gestimmt.

Dann kam der Anästhesist, stellte noch ein paar Fragen für die bevorstehende Narkose und kurze Zeit später wurde seine Mutter in den Kreißsaal gebracht. Die Spinal-Anästhesie wurde gelegt und ihr Bauch großräumig desinfiziert. Kurz bevor es losging, durfte ich den Operationsraum betreten und an der Seite seiner Mutter Milans Geburt miterleben. Meine Hand auf ihrer Schulter sollte ihr Kraft, Vertrauen und Liebe geben. Ich atmete tief mit seiner Mutter und gab ihr positive Gedanken, damit Milan während der Operation optimal versorgt bist. “Auf der Seelenebene ist jeder Weg auf die Welt der perfekte Weg”. Dieser Satz war das Mantra der Geburtsvorbereitung, da wir keinen Weg, den Milan und seine Mutter sich suchen, ausgeschlossen werden sollte.

Sobald die Ärzte ihn aus dem Bauch geboren hatten, hörten wir sein kräftiges Schreien. Sicher war er überrascht, so schnell aus dem Paradies des Babybauches aufzutauchen. Die Ärzte hoben seinen Körper über das Tuch, welches über dem Körper seiner Mutter gespannt war und zum allerersten Mal erblickten wir sein engelhaftes Gesicht. Wie es nach einer Bauchgeburt üblich ist, wurde Milan für einen kurzen Check zu den Kinderärzten gebracht. Sie haben ihn sehr gründlich untersucht, damit er ganz sicher gesund und kraftvoll zu seiner Mutter zurückkonnte. Diese kurze Zeit fühlte sich wie eine Ewigkeit an und seine Mutter zählte jede Sekunde. Schnell war er wieder da und seine Mutter nahm ihn in ihr Bondingband direkt Haut auf Haut auf ihre Brust. Tatsächlich ruhte dein kleines Köpfchen gemütlich auf dem kuscheligen Busen seiner Mutter, sodass alle Anwesenden über die gemütliche Position schmunzeln mussten. Da war er ganz still und zufrieden. Mit einem Handtuch schirmten wir das Licht etwas ab und er öffnete neugierig seine Äuglein. Nach einer Weile des Kuschelns und Beguckens entschieden die Hebamme und der Anästhesist, dass sie ihn lieber in den Kreißsaal zurückbringen würden. Einerseits stand die U1 mit Messen und Wiegen an, andererseits machte sich ein strenger Geruch von Lösungsmittel im Operationsraum breit, da unweit von dem Raum gestrichen wurde. Diese Dämpfe sollte er nicht länger einatmen. Und so kam er nach der U1 schnell auf meine Brust und wir kuschelten, bis seine Mutter zurückkam. In dieser Zeit erzählte ich Milan, wie stark seine Mutter und er waren und was für eine wundervolle Familie er sich ausgesucht hatte. Ich summte ihm ein kleines Lied, sodass er sich sicher und geborgen fühlte.

Nach der Operation nahm seine Mutter ihn sehnsüchtig zu sich und bat ihm die Brust an. Wir alle waren erleichtert, dass er schnell anfing zu saugen und zufrieden vor sich hin trank. Die ersten Strapazen waren damit überwunden und das Ankommen im Arm seiner Mutter vollbracht.

Die beiden haben ihren Weg für diese Geburt, den Weg in die gemeinsame Umarmung gefunden. So kam es und so war es gut.

Mit 4250 Gramm ist er ein kräftiges und gesundes Neugeborenes. Wir sind sehr froh, ihn in unserer Welt begrüßen zu dürfen.